Filmkritik: 50 Shades of Grey

Kino_Atmo

Ich habe es getan. Als eine der vermutlich ersten (abgesehen von der Presse) bin ich heute nachmittags! um 16:45 Uhr im Berliner Zoopalast gewesen, um mir den einzigen Film anzusehen, der nichts mit der Berlinale zu tun hatte – und daher leider „nur“ in Kino 4 zu bewundern war.

Für ein Kino mit der Ziffer 4 war es aber doch ein schönes Plätzchen mit stylischem lila Licht an Decke und Wänden bevor dieses für den Film ganz ausgeschaltet wurde. Gemütlich in den Sitz gelümmelt – mit ehrlich viel Platz und einem Sitz mit flexibler Lehne – konnte der Film von mir aus also losgehen. Nur einige Filmtrailer später flackerte auch schon die Titelschrift übers Bild. Die große Leinwand machte schon was her. (Ich sollte unbedingt häufiger ins Kino gehen!)

Da ich nur das Hörbuch zum ersten Band gehört habe, beziehe ich mich auch darauf wenn es um eine Bewertung des Filmes geht. Auch wenn es schon eine Weile her ist, dass ich mir das Buch innerhalb von drei Tagen im Hauruckverfahren habe vorlesen lassen, muss ich sagen, dass der Film sehr nah an der Vorlage bleibt. Teilweise gar wörtlich. Als hätte mich jemand erhört, haben die Macher aber erfreulicher Weise Anastasia Steels innere Göttin, die sie bei ebenso inneren Monologen inflationär erwähnte einfach mal weg gelassen. Jippee!

Christian Grey ist jung, attraktiv und ziemlich glatt. Passt also alles. Ana Steel ist ebenfalls jung, attraktiv und schaut immer wieder wie ein verängstigtes Rehkitz. Allerdings hinkt der Vergleich etwas, denn ihre Augen sind wirklich wunderschön aber hell. Eine Mischung aus blau und grün mit dunklen Wimpern.

Die Geschichte bietet – besonders für Leserinnen der Bücher – keine große Überraschung. Zeitweise hatte ich das Gefühl, diese oder jene Szene beim Hören bereits so oder wenigstens sehr ähnlich vor mir gesehen zu haben. Das spricht wenigstens für eine genaue filmische Umsetzung der Vorlage.

Gefesselt

Sehr nützliche Krawatte

 

Es geschieht also das, was auch in Band 1 des (Hör-)Buches geschieht. Seltsamer Weise sprang der Funke bei mir nicht über – aber das liegt vermutlich auch an meinem Missfallen an Jamie Dornan, der Christian Grey spielt. Er bleibt mir einfach zu unnahbar, kann mich in seinem Spiel nicht überzeugen. Nimmt man ihm das Geld, seine Wohnung mit der Wahnsinns-Aussicht und die einflussreiche Position bleibt von der Figur nicht viel. Die Vorgeschichte, wie er der wurde, der er ist wird nur angedeutet. (Ich nehme an in Band 2 und 3 wurde das ausgiebig vertieft.)

Der Film nutzt wie auch ein Bond-Film die Möglichkeit zum Product-Placement. Aber das kann man den Produzenten fast nicht übel nehmen. Wie sonst kann Reichtum gut zur Schau getragen werden als mit schönen, schnellen Autos oder auch einem neuen Computer für Miss Steel, der das Apfel-Logo trägt.

Bei der Gestaltung des Spielzimmers haben sie sich Mühe gegeben. Es hängen dort allerdings sehr viele zum Schlagen oder Fesseln geeignete Gegenstände an dafür gemachten Halterungen, die in der Masse (leider) nicht zum Einsatz kommen. Was zwar schade ist, aber dem (Hör)Buch entspricht. Noch kurz vor der Filmpremiere am gestrigen Mittwoch hieß es, dass zwei Fortsetzungen geplant sind. Also will man den Fans wie bereits bei anderen Mehrteilern erst mit zeitlichem Abstand die Verfilmung der gesamten Geschichte „liefern“.

Die Darstellerin der Anastasia Steel (Dakota Johnson) war eine schöne Besetzung. Ihr gelingt es der Figur wenigstens etwas Tiefe zu geben. Ihr Unverständnis und ihre Verwirrung ob der verfahrenen Situation wirken glaubhaft. Auch daher ist es schwierig zu sagen woran es lag. Aber für mich sind die wesentlichen Emotionen und dargestellten Erregungszustände leider auf der Leinwand geblieben. Es gab lediglich einen Moment in dem ich kurz versucht war etwas ehrlich sexy zu finden. An den Körpern der beiden Schauspieler lag es auch nicht. Beide sind nackt sehr ansehnlich. Aber trotz allem würde ich jedem, der einen außergewöhnlichen Film zum Thema BDSM oder Dominanz und Unterwerfung sehen möchte statt „50 Shades of Grey“ den Film „Secretary“ mit Maggie Gyllenhaal und James Spader aus dem Jahr 2002 empfehlen. Auch die dort dargestellte Beziehung ist schwierig – wenn natürlich anders, aber das Spiel der Darsteller ist wirklich überzeugend.

Fazit: Schöne (nackte) Menschen, schöne Dinge, schöne Bilder von Seattle bei Nacht, die Präsentation von großem Reichtum und ein wunderbares SM Spielzimmer machen leider noch keinen wirklich guten Film. Wer allerdings nur gern Bilder zu dem sehen möchte, was zwischen den Buchdeckeln von Band 1 stand und sich mit Jamie Dornan als Mr. Grey besser anfreunden kann als ich, wird knappe zwei Stunden kurzweiliges Kino genießen können. Der mögliche große Wurf ist das allerdings leider nicht geworden. Dakota Johnson wünsche ich in Zukunft einen Film mit einer richtig guten Geschichte in dem sie zeigen kann, ob sie mehr kann als hier gefragt war!

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